2018 widmete sich der Bayerische Verkehrssicherheitspreis dem Radverkehr. Es wurden Maßnahmen und Ideen ausgezeichnet, durch die Fahrradfahrer sicher und unfallfrei an ihr Ziel kommen.
Initiative Radentscheid Bamberg
Die Initiative Radentscheid Bamberg setzt sich für bessere Verkehrsbedingungen, eine höhere Verkehrssicherheit durch infrastrukturelle Maßnahmen sowie die generelle Sensibilisierung für den Radverkehr ein. In Bamberg werden mehr als 30 Prozent der Wege mit dem Rad zurückgelegt, somit weist die Stadt den höchsten Radverkehrsanteil in Bayern auf. Von 2012 bis 2016 stiegen die Unfallzahlen mit dem Zweirad gemessen am Verkehrsanteil um 42 Prozent. Um das zu ändern, startete die Initiative Radentscheid Bamberg ein Bürgerbergehren: Bis Ende 2017 wurden für die zehn Ziele zur Verbesserung des Radverkehrs beinahe 9000 Unterschriften gesammelt.
Zu den gesteckten Zielen, die der Stadtrat Ende Januar 2018 übernahm, zählen Fahrradstraßen für mehr Sicherheit im Straßenverkehr, fahrradgerechte City- und Schnellwegrouten, Schutz für Radfahrer an vielbefahrenen Hauptstraßen, mehr Disziplin im Straßenverkehr für eine gegenseitige Akzeptanz, drei Kreuzungen pro Jahr sicherer für alle zu machen, 5000 neue Fahrradparkplätze bis 2025, eine grüne Welle für den Umweltverbund, Radschnellwege für den Pendelverkehr, mehr Effizienz und Effektivität bei der Planung und Umsetzung sowie die Sensibilisierung Bambergs für mehr Radverkehr.
Neben diesen Zielen, wurde ein weiteres Maßnahmenpaket beschlossen, welches beispielsweise eine Radzählanlage und einen „car bike port“ beinhaltet. Derzeit wird an der Image-Kampagne „Fahrradstadt Bamberg“ gearbeitet, unter der künftig mit eigenem Logo und Webauftritt alle städtischen Aktivitäten rund um das Zweirad gebündelt werden sollen. Ebenso werden 2018 diverse infrastrukturelle Maßnahmen umgesetzt: Es wird eine Vielzahl an sicheren Radabstellplätzen geschaffen, die Sicherheit für den Radverkehr an Kreuzungen verbessert sowie weitere zehn Fahrradstraßen gebaut. Zusätzlich entsteht so Bambergs erstes Fahrradquartier – ein Stadtteil, der nur aus Radstraßen und verkehrsberuhigten Bereichen besteht.
Durch den ehrenamtlichen Einsatz von Studenten und Selbständigen, Berufstätigen und Rentnern zeigt sich bereits jetzt die Mehrheit der Bevölkerung den Radlern gegenüber verständnisvoller und es verbessert sich das Miteinander im Straßenverkehr: 2017 – im Jahr der Radentscheid-Kampagne – sind die Radunfallzahlen das erste Mal seit fünf Jahren gesunken. Durch die Initiative Radentscheid Bamberg wurden Menschen in anderen Städten Deutschlands inspiriert. Inzwischen gibt es solche Initiativen in Darmstadt, München, Frankfurt, Stuttgart, Hamburg und Aachen – und weitere Städte stehen in den Startlöchern.
Geh weida, steig‘ ab!
In Weilheim (Oberbayern) wurde das Fahrverbot in der Fußgängerzone von vielen Radfahrern missachtet: Insbesondere an engen, unübersichtlichen Stellen führte dies oft zu Gefahrensituationen mit Fußgängern. Um eine friedliche Lösung für den Konflikt zwischen Radfahrern und Fußgängern zu finden, initiierte die Kreisverkehrswacht Weilheim-Schongau e.V., der Seniorenbeauftragte der Stadt gemeinsam mit der örtlichen Realschule die Aktion „Geh weida, steig‘ ab!“.
Seit über 20 Jahren sichern SchülerlotsInnen (8. bis 10. Klasse) in Weilheim an zwei gefährlichen Übergängen den Schulweg. Neun dieser LotsInnen waren von Januar bis Juli 2017 im Rahmen der Aktion „Geh weida, steig‘ ab!“ über 170 Stunden ehrenamtlich aktiv.
Vor dem Einsatz in der Fußgängerzone wurden die SchülerInnen in Gesprächsführung und Konfliktlösungsstrategien geschult. Zweimal pro Woche untersuchten die Jugendlichen in der Regel von 13 bis 14 Uhr mit der Unterstützung von Coaches der Landesverkehrswacht und/oder der Polizei die Gefahrensituation vor Ort, sensibilisierten die Radler für das Fahrverbot und verteilten Flyer, in denen über die Aktion, Fuß- und Radwege im Innenstadtbereich sowie die Bedeutung wichtiger Verkehrszeichen informiert wurde. Die Coaches waren jederzeit telefonisch erreichbar und sollten bei auftretenden Problemen Hilfestellungen leisten. Für die Datenerfassung und -auswertung wurde von einem mitwirkenden Schüler eine App entwickelt, in welcher alle Ereignisse festgehalten wurden.
Das ehrenamtliche Engagement der Jugendlichen zeigte positive Wirkung: Während zu Beginn der Projektlaufzeit viele Fahrradfahrer noch unbeirrt weiterfuhren (ca. 75 Prozent), stiegen gegen Ende der Aktion deutlich mehr ab und schoben ihr Rad.
Ampelligence
Sicherheit durch Sichtbarkeit: Viele Unfälle im Straßenverkehr entstehen dadurch, dass Fahrradfahrer von anderen Verkehrsteilnehmern gänzlich übersehen oder erst zu spät wahrgenommen werden. Genau an diesem Problem setzt das Gewinnerprojekt der Kategorie „Gedankenblitz!“ an: Ampelligence ist ein intelligentes Erkennungs- und Warnsystem, das an Ampeln oder Verkehrsschildern angebracht werden kann und somit der Unfallvermeidung an Kreuzungen und Überwegen dient. Die eingesetzte Technologie wurde durch Machine Learning dazu befähigt, zuverlässig Fahrradfahrer zu erkennen und von anderen Verkehrsteilnehmern zu unterscheiden. Sobald die integrierte 3D-Kamera einen Fahrradfahrer erkennt, leuchtet ein orangenes Warnsignal auf. Dadurch werden andere Verkehrsteilnehmer auf sich nähernde oder stehende Radfahrer aufmerksam gemacht und Unfälle, die besonders häufig beim Rechtsabbiegen von Fahrzeugen entstehen, können vermieden werden. Ampelligence unterscheidet sich von bisher entwickelten Warnsystemen, da ein Aufleuchten nur erfolgt, wenn tatsächlich ein Fahrradfahrer in der Nähe ist. Dadurch wird die bewusste Wahrnehmung des Signals durch andere Verkehrsteilnehmer erhöht und Gewöhnungseffekte, die bei dauerhaft aufleuchtenden Signalen auftreten, werden vermieden. Ampelligence ist im Zuge eines Masterseminars an der TU München entstanden. Das junge Team besteht aus den Studierenden Sophie Büttner (Consumer Affairs), Patrick Grzywok (Informatik), Gilles Heymes (Maschinenbau), Ozan Pekmezci (Informatik) und Petr Romanov (Informatik). Ein erstes Pilotprojekt soll noch dieses Jahr in Ismaning gestartet werden.